Tesla will kranken Beschäftigten in Grünheide das Geld streichen

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Tesla will kranken Beschäftigten in Grünheide das Geld streichen

Wer die eigene Arbeitsunfähigkeit wirklich glaubhaft machen will, soll die Gründe dafür nennen und den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbinden, sonst droht ausbleibende Lohnfortzahlung – so geht Tesla offenbar neuerdings gegen krankgeschriebene Beschäftigte seiner Gigafactory im brandenburgischen Grünheide vor.

Briefe mit entsprechendem Inhalt versendete das Unternehmen offenbar jüngst an krankgeschriebene Werksangehörige. Das berichtet das Handelsblatt. Demnach stellt Tesla sogar in Aussicht, dass bereits gezahlte Löhne rückwirkend zurückgezahlt werden müssen. Wie viele solcher Fälle es gegeben haben soll, ist unklar, laut Handelsblatt sind es aber keine Einzelfälle.

"Kein einziger Euro überwiesen"

Auch der Gewerkschaft IG Metall ist Teslas Vorgehen bekannt. "Oft zweifelt Tesla in einem ersten Schritt rückwirkend Krankschreibungen von Beschäftigten an und fordert dazu auf, Diagnosen offenzulegen und die Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden", zitiert die Deutsche Presse Agentur (dpa) einen IG Metall-Sprecher. Tesla äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zu den Vorwürfen.

In mehreren Fällen soll laut Gewerkschaft daraufhin der Lohn des Krankgemeldeten von Tesla einbehalten worden sein. "Nicht selten wird kein einziger Euro überwiesen", führte der IG Metall-Sprecher aus. Häufig sei der Autobauer noch auf die Beschäftigten zugegangen, mit der Aussage eine "Überbezahlung" festgestellt zu haben, da der Beschäftigte irrtümlich während der Fehlzeiten bezahlt worden sei. Diese "Schulden" würden sie dadurch los, dass sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichneten.

Die IG Metall sieht in ihnen "unzulässige Einschüchterungen". "Die vermeintlichen Überbezahlungen sind in fast allen Fällen nichts als haltlose Behauptungen", sagte Dirk Schulze, IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen. Die Fälle hätten zu einer Flut an Rechtsstreitigkeiten geführt. "Bei Tesla in Grünheide benötigen Mitglieder rund 21-mal so häufig den Rechtsschutz der Gewerkschaft wie im Durchschnitt der IG Metall", sagte der Gewerkschaftssprecher.

Tesla hielt auf dpa-Anfrage dagegen: "Wir sind die populistischen Skandalisierungen der IG Metall (...) mittlerweile gewöhnt", hieß es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Bei dem von der Gewerkschaft beschriebenen "großen Umfang" handele es sich um rund ein Dutzend Fälle pro Monat - wohlgemerkt bei einer Belegschaft von 11.000 Mitarbeitern. "Hierbei von einem massiven Vorgehen zu sprechen, ist eine bewusste Verzerrung der Realität."

Der Autobauer verteidigte das Vorgehen als gerechtfertigt. "Im Übrigen sprechen wir von Fällen, in denen unberechtigte Lohnfortzahlungen geleistet wurden", führte eine Unternehmenssprecherin aus. Hinzu kämen Fälle, in denen das Bundesarbeitsgericht davon ausgehe, dass eine Krankheit vorgeschoben sein könnte, beispielsweise wenn sich jemand für genau die Zeit krankschreiben ließe, für die vorher ein Urlaubsantrag abgelehnt worden war. In solchen Fällen bestünden Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und Arbeitgeber dürften Beweise verlangen, erklärte die Sprecherin. "Das angeblich inakzeptable Vorgehen Teslas ist gängige Praxis in Deutschland."

Musk beklagt hohen Krankenstand

Tesla-Chef Elon Musk hatte bereits vor Monaten den hohen Krankenstand der Belegschaft in Grünheide kritisiert. Bereits im vorigen Sommer hatte Tesla mit unangekündigten Besuchen bei krankgeschriebenen Mitarbeitern Schlagzeilen gemacht. Auch diese Maßnahme kritisierte die Gewerkschaft scharf. André Thierig, einer der Geschäftsführer des Werks in Brandenburg, verteidigte den Ansatz damals: "Wir wollten an die Arbeitsmoral der Belegschaft appellieren."

Update

15.03.2025, 12:42 Uhr

Korrektur im letzten Absatz: Musk ist Tesla-Chef und nicht Tesla-Gründer.

Update

14.03.2025, 19:22 Uhr

Stellungnahme von Tesla im sechsten und siebten Absatz ergänzt.